Die treue deiner laster

Die Typen kleben aneinander vom Blütenstaub, der durchs Fenster hineinweht seit dem Morgen. Farblose Sonne hinter und durch die Vorhänge, die wärmt und vergisst. Niemand hat es mir gleichgetan, niemand hat den Atem angehalten, als ich es musste. Und es war recht. Unzählige Schrauben an dieser kleinen schweizer Maschine vor mir, die sich mit einem einfachen Schraubenzieher wieder festzurren ließen. Die sich verhaspelnden Buchstaben wieder in Ordnung brächten, die festgeklemmten Spinnenbeine wieder entspannten. Noch vor Wochen die Nächte auf dem Zeltplatz, die mondbeleuchteten Spaziergänge zu den Waschstellen mit dem sich ausbreitenden Netz unter der Laterne, zulaufend dem festrunden Spinnenknopf in seiner Mitte wie das Straßennetz in Paris oder Barcelona und der Minzgeschmack beim Betrachten der Sternbilder über den Baumwipfeln, das feuchte Handtuch über der Schulter und das zitternde Surren des Colaautomaten an dem kleinen Rezeptionshäuschen, das sie in einen alten Straßenbahnwaggon gebaut haben und in dem eine gelbe Lampe die ganze Nacht über angezündet bleibt.

Jetzt und endlich, die losen Schrauben dieses Hermes Babys, die grünen Tasten, der silberne Lack und die wiederbelebten Bücherregale, die Gedichte von Pasolini, die Zettel Arno Schmidts, Hunters Briefe endlich in Griffnähe. Es ist Sonntag und uns ist der Kaffee ausgegangen, aber etwas Brot ist noch da und die gesammelten Werke von Salvador Espriu - Ich schlage eine Seite auf und lese von der Erschöpfung des Traumwanderers, dem Abendrauschen der Weinblätter und fühle alles nicht mehr so sehr, nachdem ich mich den Gefühlen jetzt für beinahe ein ganzes Jahr lehnstreu ausgeliefert habe. Der Nebelwinter, vergangen und schon zur zerstückelten Erinnerung an ein vergangenes Leben geschrumpft. Die warmen Vorhänge des Jetzt, die wieder die meinen sind, zumindest mehr als zu sein scheinen.

Ich habe meinen Rückzug vergessen. Ich habe Briefe aus Nachtzügen erhalten. Ich habe mit dem Wohlwollen verhandelt. Ich habe kein Foto geschossen. Ich habe Buchseiten angelächelt. Ein paar lächelten zurück. Mir wurden keine Versprechen gemacht. Ohnmacht, Tinte und Schnee. Und der letzte Löffel Kaffeepulver an einem warmen Sonntag im Juli, zwischen Friedhöfen und taubstummen Platzanweisern an jeder Kreuzung. Die bestimmte Angst vor Sturzfluten. Der orangene Block, der auf dem Holztisch neben mir liegt, und die Aufschrift trägt: "LIFE - TYPEWRITING PAPER"

Ich habe Löcher in diese Seite getippt. Wenn ich sie gleich aus der Walze ziehe und gegen die Vorhänge halte, wird durch diese Löcher wohl das Licht eindringen. Ganz so wie die Worte, die jetzt behäbig aus dem Schweigen erscheinen. Doch oh, diese grünen Tasten, so weich so wunderbar, und kalt. Absatz nach Absatz vermögen es die Typen dir das schwache Pochen zurück in die tauben Venen zu pressen und du spürst wieder die Verbindungen über die Jahrzehnte, die Treue deiner Laster, und letztlich - der Ausgang des Labyrinths. (bestimmt)

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fucking nihilists

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